Aufmerksamkeit und die Illusion der Wirklichkeit

Veröffentlicht von Gedankensammler am

Ein Künstler kann genreübergreifend inspirieren. Wie zum Beispiel James Rizzi, der die Komplexität moderner Großstädte am Beispiel New Yorks in seinen Werken der Pop-Art widerspiegelte. Er erkannte, dass Menschen in der Lage sind, komplexe Ansichten zu verarbeiten. Allein die Tatsache, dass wir Menschen immer nur eine Perspektive zu gegebener Zeit einnehmen, diese aber in der Zeit verändern können, erlaubt uns das holistische System der Welt wahrzunehmen.
Im Gegensatz zu klassischen Massenmedien, die immer noch suggerieren und als Best Practice die Devise verfolgen, dass konventioneller Text oder lineare Bilder auch genau so aufgenommen werden (müssen), verarbeiten Menschen die Welt als ein holistisches System: eine sich gegenseitig beeinflussende, multivariable Ansicht von Perspektiven. Der wahrnehmungspsychologische Witz von Rizzis Stadtansichten besteht darin, dass das beständig abtastende Auge die Gesamtszene in immer weiteren Details erschafft.

Steht man vor der Aufgabe, für eine Theaterbühne komplexe Abläufe zu inszenieren, etwa eine Slapstickeinlage mit mehreren Personen, so kann man die gewünschten Momente in zeitlicher Abfolge choreographieren. Auch wenn sie sich räumlich über die ganze Bühne verteilen: der Blick des Zuschauers erschafft die Gesamtszene. Bühnenschauspieler wissen, wie wichtig ein Freeze ist, wenn Momente verlagert werden.
Mit dieser Technik ist es möglich, auch im Film mehrere Erzählstränge scheinbar gleichzeitig fortzuführen. Alfred Hitchcock lenkte die Aufmerksamkeit mit Parallelmontagen und gab so dem Suspense eine weitere Dimension (Beispiel: Hitchcocks Film „Berüchtigt“, engl. „Notorious“). Im Film „Matrix“ der Wachowskis sind dann diese Ebenen auch weltlich getrennt und nur teiltransparent. Doch Filme wie „Gremlins“ haben das Prinzip sogar in Einzeleinstellungen genutzt.

In Freiburg kann man mit dieser Technik in die Zukunft schauen: Im Aussenbereich eines Cafes am Augustinerplatz finden sich Glasbausteine im Boden, die den Blick auf ein mögliches Freiburg im Jahr 3500 erlauben – ein Kunstprojekt von Raymond E. Waydelich in einer Tiefgarage.
Was ist unsere Zukunft?